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Flächenhelligkeit

Um was geht es

Angeregt durch Übungen aus einem VHS Kurs möchte ich mal einiges über die Flächenhelligkeit niederschrieben. In einer der zahlreichen Übungen von Peter soll die Flächenhelligkeit von M31 berechnet werden sowie die Sichtbarkeit dieser Galaxie eingeschätzt werden.

...dann mal los...

Sterne sind "wie Sand am Meer" am Himmel zu finden. Manche heller, manche dunkler, einige so schwach, das wir diese kaum sehen können. Um die Helligkeit der (punktförmigen) Sterne zu beurteilen, benutzt man die sogenannte scheinbare Helligkeit. Scheinbar deswegen, weil die absolute Helligkeit (von der Erde aus betrachtet) für uns nicht sichtbar ist (wir sehen nicht, ob der Stern hell und weit entfernt ist oder ob dieser schwach und nah ist. Für uns ist dies kein Unterschied). Vielmehr sehen wir, wie hell uns dieser Stern vorkommt. Da Sterne aber punktförmige Lichtquellen sind (siehe Warum wurden die Sterne nicht vergrößert?), kann für diese ja auch keine Flächenhelligkeit angegeben werden.

Wir beobachten ja nicht unbedingt Sterne, vielmehr beobachten wir offene Sternhaufen, Kugelsternhaufen, fremde Galaxien, Nebel, etc. Alle diese Objekte haben eines gemeinsam, es sind - im Gegensatz zu Sternen - flächige Objekte. Damit ist auch klar, das diese Objekte andere Parameter zur Bescheibung der Eigenschaften besitzen.

Neben den Angaben der scheinbaren Helligkeit, die sich auf eine (vergleichbare) punktförmige Lichtquelle bezieht, findet man desöfteren auch die Angabe der Flächenhelligkeit. Vergleichbar punktförmig heißt, das ein Stern mit derselben scheinbaren Helligkeit dieselbe Menge Licht in's Auge bringt wie das flächenhafte Objekt. Der Stern liefert aber das Licht aus einem Punkt, das Objekt liefert das Licht aus einer Fläche, wodurch das Objekt ja verstänglicherweise dunkler erscheint. Um die bei Sternen angegebene Helligkeit im Vergleich zu den Objekten zu sehen, wird meist nur die eine in (punktförmige) Lichtquelle umgerechnete scheinbare Helligkeit der flächenbehafteten Objekte angegeben. Grund genug, sich mit dieser "zweiten" Angabe mal auseinanderzusetzen und zu verstehen, welche Zahlen was aussagen (können).

Berechnungen

Grundsätzlich gilt für die Flächenhelligkeit, das es aus Helligkeit pro Fläche bestimmt wird (sonst wär's ja auch keine Flächenhelligkeit).

Als Fläche wird hier nicht etwa Quadratmeter angegeben, sondern eine Angabe im Bogenmaß zum Quadrat. Die scheinbare Helligkeit (=Magnitude) wird in der Einheit mag angegeben.

Da die scheinbare Helligkeit eine logarithmische Angabe ist, muss dies auch bei der Berechnung berücksichtigt werden. Ein einfaches Umrechnen durch Division der scheinbaren Helligkeit durch die Fläche führt nicht zum Erfolg. Damit ergibt sich dann automatisch für die Einheit mag/arcmin2 oder mag/arcsec2. Die Angabe mag/sas, die man häufig liest, ist mag/arcsec2. sas ist englisch und heißt Square-Arc-Seconds. Folgende Formel (ohne Herleitung) wird also für die Berechnung der Flächenhelligkeit aus scheinbarer Helligkeit und Fläche benutzt:

H = m + 2,5 * log10(A)

H: die Flächenhelligkeit
m: scheinbare Helligkeit (=Magnitude)
A: Fläche des Objektes

Für die Fläche kann ich nun die Angaben in Grad, Bogenminuten oder Bogensekunden einsetzen. Aber aufpassen, das Ergebnis ist dann auch in dieser (Teil-)Einheit angegeben. Also einfach gesagt, wer Bogensekunden einsetzt, bekommt mag/arcsec2 heraus, wer Bogenminuten einsetzt, bekommt mag/arcmin2 heraus. So weit, so gut...

Beispiel M31

Teil der o.a. Aufgabe ist es, die Flächenhelligkeit der Andromedagalaxie (M31) in mag/arcmin2 und mag/arcsec2 auszurechnen und deren Sichtbarkeit unter verschiedenen Himmelsqualitäten einzuschätzen. Bei einem guten Himmel hat man 21 mag/sas, bei einem schlechten Himmel 18 mag/sas.

Nun, tun wir dies mal. Im Internet finde ich zur Größe der Andromedagalaxie verschiedene (aber ähnliche) Angaben. Nehmen wir mal für die Größe 186,2' × 61,7' und für die Magnitude 3,5mag und setzen das in die Formel ein.

Noch was. Die Fläche einer Ellipse berechnet sich aus:

A = r1 * r2 * PI

A: Fläche der Ellipse
r1: Radius lange Strecke
r2: Radius kurze Strecke

Damit kommen wir also zu folgendem Ergebnis in mag/arcmin2:

A = (186,2/2) * (61,7/2) * PI
A = 93,1 * 30,85 * PI
A = 8989,78255 arcmin2

für die Fläche und

H = m + 2,5 * log10(A)
H = 3,5 + 2,5 * log10(8989)
H = 3,5 + 2,5 * 3,95

H = 13,38 mag/arcmin2

für die Flächenhelligkeit

Die Angabe in Bogenminuten wird in Bogensekunden umgerechnet, indem ich einfach die Bogenminuten mal 60 nimmt (60 Bogensekunden sind eine Bogenminute). So also zum Ergebnis in mag/arcsec2:

A = (186,2/2*60) * (61,7/2*60) * PI
A = 5586 * 1851 * PI
A = 32.466.614 arcsec2

für die Fläche und

H = 3,5 + 2,5 * log10(32.466.614)
H = 3,5 + 2,5 * 7,51

H = 22,275 mag/arcsec2

für die Flächenhelligkeit

Ein anderer Weg bei der Umrechnung von mag/arcmin2 in mag/arcsec2 kann über die Logarithmusgesetzt erfolgen. Es gilt:

log(x * y) = log(x) + log(y)

Das angewendet (und die o.g. Formel etwas klarer umgeschrieben) auf die Flächenangabe:

A = (186,2 / 2 * 60) * (61,7 / 2 * 60) * PI
A = x * y
A = ( (186,2 / 2) * (61,7 / 2) * PI) * (60 * 60)

mit

x = (186,2 / 2) * (61,7 / 2) * PI
y = 60 * 60 == const.

ergibt für die Flächenhelligkeit:

H = m + 2,5 * log10(x * y)
H = m + 2,5 * log10(x) + 2,5 * log10(y)

Nun, schau' ich mir die nochmal genauer Formel an, so sehe ich, das der erste Teil der Angabe in mag/arcmin2 entspricht und der zweite Teil konstant ist. Dann berechne ich den konstanten Teil, so ergibt dies:

c = 2,5 * log10(60 * 60)
c = 2,5 * log10(3600)
c = 2,5 * 3,55

c = 8,89 (also ganz grob 9)

Somit kann die Angabe mag/arcmin2 einfach durch Addition von 8,89 in die Angabe mag/arcsec2 umgerechnet werden (subtrahieren, falls umgekehrt).

Hsec = Hmin + 8,89
Hsec = 13,38 + 8,89

H = 22,27 mag/arcsec2 (stimmt ja)

Für's erste mal genug Formeln und Rechnerei.

Bewertung

So, nun zur Bewertung der Sichtbarkeit. Die Himmelshelligkeit ist in mag/sas angegeben (also in mag/arcsec2). Der Vergleich am schlechten Himmel (18mag/sas) zeigt 22,27 > 18 und damit nicht sichtbar. Nun zum guten Himmel mit 21 mag/sas und ich habe 22,27 > 21...

...huch

Juhu, die Andromedagalaxie ist nicht mehr sichtbar...auch nicht unter einem guten Himmel. Nix mehr Bortle 5-6 an M31 festmachen...

Hab ich nun durch die Rechnereien die Andromedagalaxie weggezaubert?

Nochmal...

Kann doch nicht sein, oder? Nun sagt die Rechnung, das die Andromedagalaxie nicht sichtbar sein kann. So hatte ich mir das aber nicht vorgestellt. Ich hab diese Galaxie doch schon mit unbewaffnetem Auge erkennen können (nun ja, erahnen). Hab ich einen Rechenfehler? Kontrolliere ich nochmal alle Angaben und Formeln, rechnet nochmal, so merke ich, das alles in Ordnung zu sein scheint. Aber M31 ist verschwunden. Nun, wie geht's weiter?

Ich hab dann mal im ATDS Forum im Chat nachgefragt, aber da kam (uns) auch irgendwie keine zündende Idee. Also hab ich weiter gegrübelt und gegrübelt und gegrübelt...

Schauen ich mir nochmal M31 an. Was sehe ich denn da? Eine Spiralgalaxie. Ein heller Kern mit weit auseinanderlaufenden Spiralarmen. Deutlich hebt sich der helle Kern von den umliegenden, weitgestreuten Gebieten ab. Rechts im Bild oben ist das mal schematisch dargestellt. Im oberen Teil ist ein heller Kern und ein (dunkler) Außenbereich.

Und was hab ich berechnet? Natürlich, das ist's. Ich haben ja so gerechnet, als ob die Fläche das Licht gleichmäßig abstrahlt. Einfach nur Helligkeit pro Fläche. Aber ein Bild von M31 zeigt, das das meiste Licht ja aus dem Zentralbereich kommt und nicht aus der ganzen Fläche. Im unteren Bild rechts ist eine gleichmäßige Helligkeit über die gesamte Fläche dargestellt.

Also, nochmal rechnen, aber anders. Ich muss der Lichtverteilung Rechnung tragen. Anders gesagt, ich darf die Fläche nicht als gleichmäßig hell ansehen. Aus dem Bauch heraus würd' ich jetzt die 80:20 Regel anwenden, ohne das der Fehler zu groß wird. Setzen ich die (modifizierte) Größe also an mit:

r3 = 20% * r1
r3 = 37'
r4 = 20% * r2
r4 = 12'

Damit rechne ich dann:

A = r3 * r4 * PI
A = 1394 arcmin2

für die Fläche und dann:

H = m + 2,5 * log10(A)

H = 11,36 mag/arcmin2
H = 20,25 mag/arcsec2

für die Flächenhelligkeit.

...und damit hab ich wieder die Andromedagalaxie an den Himmel zurückgezaubert, da bei der Bewertung der Sichtbarkeit am guten Himmel 20,25 < 21 ist und M31 somit schwach, aber sogar mit bloßem Auge sichtbar ist (sein kann).

Fazit

Abschließend noch ein Paar zusammenfassende Worte. Was hab ich gelernt?

Nun, wie das ganze gerechnet wird, weiss ich nun. Was hat es mit dem zaubern auf sich? Genau das, was ich oben gerechnet hab. Einfach die Fläche als gegeben hinnehmen und daraus blind die Flächenhelligkeit berechnen geht nicht. Die Eigenschaften des Objektes müssen unbedingt mit in die Berechnung einbezogen werden. Hier am Beispiel war es der helle Kern, der das meiste Licht liefert. In wie weit allgemein so vorgegangen werden kann würd ich nicht unbedingt sagen wollen, dafür hab ich mich zu wenig damit beschäftigt. Ich würd aber mal sagen, das das so passt.

Anwendung

Wo kann man denn nun das ganze anwenden?

Zum einen kann man damit die mögliche Sichtbarkeit lichtschwacher Objekte einschätzen (in Verbindung mit dem Kontrast). Falls es mal der Wettergott gut mit mir meint, kann ich auf die Jagd nach diesen lichtschwachen Objekten gehen, die sonst warscheinlich unsichtbar bleiben. Oder ich komme mal an einen dunkleren Beobachtungsplatz, da ist dann einiges möglich, was hier bei mir nicht unbedingt geht.

Auch sehr wichtig ist diese Flächenhelligkeit für die Fotografen, um eine optimale Ausleuchtung vorher zu bestimmen, ohne das mehrere Fehlversuche beim Belichten entstehen.

Was noch alles fehlt

Zu diesem Thema gibt's noch wirklich viel zu sagen, was ich alles noch nicht hier beschreiben konnte.

Ganz und gar nicht in die Betrachtung/Beschreibung hineingekommen ist der Kontrast. Da bin ich aber noch ein wenig was am grübeln.

Quellen

Stand: 10. März 2009